Jochen Rathmann's Bücher

Mittwoch, 31. Juli 2013

[JR: At the Movies] Spring Breakers


Spring Breakers
10/10
2012 / Harmony Korine / mit Ashley Benson, Vanessa Hudgens, Rachel Korine, Selena Gomez, James Franco,…

Für langjährige Fans der Arbeiten von Harmony Korine dürfte es ein äußerst interessanter Zustand sein, plötzlich Fans von Disney-Produktionen wie „High School Musical“ oder „Die Zauberer vom Waverly Place“ dabei zu beobachten, wie sie sich nach einem neuen Film von Korine sehnen. Es war durchaus ein cleverer Schachzug des Filmemachers, zwei der vier weiblichen Hauptrollen mit Vanessa Hudgens und Selena Gomez zu besetzen.

Erzählt wird die Geschichte von vier jungen Frauen, die zum alljährlich stattfindenden Spring Break nach Florida fahren. Um sich diesen Trip zu finanzieren, wird zuvor noch ein Restaurant ausgeraubt. Auch wenn man es ihnen auf den ersten Blick nicht ansieht, scheinen sie vor Gewalt nicht zurückzuschrecken. Als sie dann kurz darauf auf einer Party wegen Drogen festgenommen und vor einen Richter gestellt werden, nimmt sich der ortsansässige Rapper Alien ihrer an.

Harmony Kroine verzichtet auf jegliche Klischees des Genres. Es geht nicht darum, dass dumme Jugendliche dumme Sachen machen während sie von noch dümmeren Jugendlichen angestiftet werden, weiterzumachen. Es scheint fast so, als würde er eine ganz eigene Filmsprache erfinden. Hier und da schleicht sich auf der Tonspur das Geräusch eines abgegebenen Schusses ein, gesprochene Fragmente wiederholen sich im off, er spielt mit Licht und Neonfarben und schafft es mit Britney Spears’ „Everytime“ im Soundtrack die vermutlich schönste Filmszene des Jahres 2013 zu drehen.

Neben wahrhaft kriminellen Komparsen und vier starken Hauptdarstellerin fängt der Film aber erst dann an richtig aufzublühen, wenn Franco im Bild ist. Mit fiesen Grillz, Dreadlocks und einem hypnotisierenden Akzent gibt er hier vermutlich seine bisher stärkste Leistung als Schauspieler.
Harmony Korine scheint in seiner Karriere die nächste Stufe erreicht zu haben. Und nach „Spring Breakers“ kann man sich wirklich auf das freuen, was er als nächstes für uns bereithält.

„Spring Breakers“ ist seit dem 31.07.2013 im Verleih und ab dem 30.8.2013 im Handel als DVD und Blu-Ray erhältlich

Donnerstag, 18. Juli 2013

[JR: At the Movies] The Paperboy


The Paperboy
7/10
2012 / Lee Daniels / mit Matthew McConaughey, John Cusack, Nicole Kidman, Macy Gray, Zac Efron,…

Obwohl er schon seit 8 Jahren den Regiestuhl besetzt, ist Lee Daniels mit seinen gerade einmal drei Filmen auf diesem Gebiet eher ein Neuling. Doch schon mit wenigen Arbeiten (seine Funktion als Produzent einmal ausgenommen) hat er es geschafft, seinen Filmwelten einen eigenen Look zu geben. Emotionale Tiefen und eine besitzergreifende Atmosphäre, die sich in jeder Einstellung bemerkbar macht.

In „The Paperboy“ erzählt Daniels die Geschichte eines Reporters, der in seine Heimatstadt zurückkehrt um die Unschuld eines Mannes zu beweisen, der wegen der Ermordung des Sheriffs im Gefängnis sitzt. Mit seinem Kollegen, seinem Bruder und der Freundin des Inhaftierten versuchen sie Licht ins Dunkel zu bringen. Und wie bei jeder guten Kriminalgeschichte gilt auch hier die Devise: Wer zu viel schnüffelt, wird ungewollt irgendwann selbst ein Teil des Ganzen.

Der Film hat eine stimmige Bildsprache, ein geschickt gesetzter Soundtrack und eine gute Dynamik, doch lebt er einzig und allein durch den handverlesenen Cast. Matthew McConaughey hat ein weiteres Mal bewiesen, dass es mehr als klug war, die RomCom-Schiene zu verlassen und sich endlich einmal ordentliche Rollen auszusuchen; und weiß zu überzeugen. Auch wenn es vielleicht noch etwas verfrüht ist, ihn zu einem der größten Schauspieler dieser Generation zu ernennen, ist er zumindest auf dem besten Weg dorthin. Doch auch John Cusack verkörpert die Figur des „Mörders“ Hillary van Wetter grandios. Einziges Manko ist, dass er viel zu selten zu sehen ist und erst im letzten Drittel des Filmes aufblühen darf.

Erzählt wird der Film aus der Sicht von Macy Gray. Ihre Darstellung einer Haushälterin wirkt zunächst etwas befremdlich. Insbesondere in der englischen Originalfassung braucht es einen kurzen Moment, bis man ihre einzigartige Stimme nicht mehr mit Songs wie „I Try“ in Verbindung bringt. Doch sieht man dann, mit welcher Hingabe sie in der Rolle aufgeht und wie sie stellenweise sogar eine starke Kidman an die Wand spielt, kann man sich sicher sein, dass „The Paperboy“ in erster Linie ein hervorragender Ensemblefilm ist.
  

„The Paperboy“ ist seit dem 18.07.2013 auf DVD und Blu-Ray erhältlich

Dienstag, 16. Juli 2013

Zum neuen Album der Sportfreunde Stiller


New York, Rio, Rosenheim
(2013)

Nach einem starken MTV Unplugged und einer viel zu langen Pause hatte man zwischenzeitlich das Gefühl, dass es das gewesen war, mit den Sportfreunden Stiller. Doch letztendlich kehrten sie zurück und lieferten mit „Applaus, Applaus“ eine bemerkenswert starke Single ab.
Doch hat man sich erst einmal in das Album eingehört, kommt man nur schwer wieder heraus. Zwischenzeitlich hat man das Gefühl, eine frühe Platte der Ärzte zu hören. Jeder Song ist auf eine individuelle Art einzigartig. Unzählbar viele Ohrwurmgaranten und interessante Klänge, die man so vielleicht nicht erwartet hätte.
Beispielsweise „Let’s Did It“ überzeugt mit rhythmischem Synthiesound. „Wieder kein Hit“ beschreibt die alltäglichen kreativen Krisen, mit denen man sich konfrontiert sieht, wenn alles andere interessanter scheint als die eigene Arbeit. „Es muss was wunderbares sein (von mir geliebt zu werden)“ bietet eine stimmliche Alternative und Songs wie „Eine Hymne auf Dich“ und der Titeltrack „New York, Rio, Rosenheim“ laden bei jedem Rock am Ring zum mitsingen ein.
Eigentliches Highlight des Albums ist „Wenn Pferde schlafen“. Was vielleicht wie die neue Hymne von Helge Schneider klingt, ist eine intelligent komponierte Synthierock-Nummer mit flotter Strophe und einem Refrain, der einen noch einige Tage verfolgen wird.

Mittwoch, 10. Juli 2013

[JR: At the Movies] World War Z


World War Z
5/10
2013 / Marc Forster / mit Brad Pitt, Mireille Enos, Fana Mokoena, Daniella Kertesz, David Morse,...

„World War Z“ bringt nichts Neues zur Party mit. Vielmehr sind die 116 Minuten ein filmisches Schinkenröllchen. Wir verspüren kein wirkliches Verlangen danach, doch steht eine befüllte Platte auf dem Tisch greift man aus Gewohnheit zu bis schließlich keins mehr da ist, und das war es dann auch schon.

Ich persönliche kenne die Romanvorlage von Max Brooks nicht, bin mir aber durchaus um seinen Kult-Status bewusst. Umso fraglicher ist es da nach dem Film, wie sehr man sich an das Buch gehalten hat. Einen Anreiz, zum Roman zu greifen, bietet der Film auf jeden Fall nicht; auch wenn das nicht seine Aufgabe ist.

Gut, es geht um den Planeten Erde auf dem mal wieder Endzeit-Stimmung herrscht nachdem eine Zombiepandemie ausgebrochen ist. Dieses Mal steht Brad Pitt im Mittelpunkt, der als angesehener UN-Mitarbeiter aus seinem verfrühten Ruhestand zurückberufen wird und die ganze Last dieser Welt auf seinen Schultern trägt. Schließlich kann nur er ganz allein es schaffen, einen Weg zu finden, dieses Unheil zu beseitigen.

Die Story ist an und für sich fade, durchschaubar und mehr als unrealistisch. Die Fernsehproduktion „The Walking Dead“ funktioniert gerade dadurch, dass eine kleine Gruppe von Menschen in einem kleinen Teil EINES Landes ums Überleben kämpft. Die Serie geht demnächst in die vierte Staffel. Hier gelingt es einem einzigen Menschen während SCHLIMMSTEN Zuständen ganz entspannt einmal um die Welt und wieder zurück zu reisen. Dieses Jetsetgehabe wird spätestens bei der Zwischenlandung in Jerusalem zu einer enormen Belastung für das Logikverständnis.

Brad Pitt, der hier auch als Produzent fungiert, soll knapp sechs Jahre mit diesem Projekt beschäftigt gewesen sein. Und da das Filmchen auch unterm Strich nicht ganz so preiswert war, wollte man möglichst viele Zuschauer in die Kinosäle locken, vor allem die Jungen. Deswegen musste Marc Forster es irgendwie schaffen, Zombies zu kreieren, die bedrohlich wirken aber keinen Tropfen Blut verspritzen. Gut, das ist ihm durchaus gelungen. Doch sind wir ehrlich, wollen wie blutarme Zombies im Kino sehen? Schlimm genug, dass Vampire heutzutage coole Teenager sind die Indiemusik hören und Liebesbeziehungen zu Menschen unterhalten, aber eine ernstgemeinte Apokalypse mit zahmen Untoten ist einfach zu viel des Guten. Immerhin, in den USA hat es für das „Gütesiegel“ PG-13 gereicht, in Deutschland nicht ganz (FSK 16).

Doch nicht alles ist schlecht. Auch wenn der Film oft mit gewissen Unzumutbarkeiten aufwartet, ergeben sich immer wieder geschickt inszenierte Momente oder aufregende Bilder, die man in dieser Art und Weise noch nicht gesehen hat. Während der ersten Hälfte hält der Film ein enorm hohes Tempo. Da wären einerseits die spektakulären Szenen aus den Straßen von Philadelphia zu erwähnen. Doch vor allem die Szenen auf dem verregneten Landeplatz bei Nacht in Südkorea sind an dichter Atmosphäre nicht zu übertreffen.

Brad Pitt mag für viele in der Rolle des einzigen Retters befremdlich wirken. Da gibt es schon in vielen günstiger produzierten Heimvideofilmen stärkere Figuren, die das Genre hervorgebracht hat. Doch alles in allem gibt es kaum Szenen, in denen er negativ auffällt. An seiner Darstellung gibt es nicht viel auszusetzen. Dafür versagt der Film an ganz anderen Stellen viel zu oft.