Jochen Rathmann's Bücher

Dienstag, 29. April 2014

[JR Filmkritik 2014] Transcendence



Transcendence
6/10

Es passiert nicht alle Tage, dass ein Regisseur für sein Debüt eine optimistische Gage im neunstelligen Bereich sowie einen der größten Schauspieler unserer Zeit zur Verfügung gestellt bekommt. Vielleicht -was auch sonst- liegt es aber auch an der Tatsache, dass sich Wally Pfister bisher als vertrauenswürdiger Kameramann von Christopher Nolan einen Namen gemacht hat und der Pfister das "Transcendence"-Drehbuch zuspielte, nachdem er sich für "Interstellar" als nächstes Projekt entschieden hat.

Wer nun also bildgewaltige, nachhallende Einstellungen erwartet, wird zumindest teilweise bedient. Den Schauspielern kann man keine Vorwürfe machen. Depp, Freeman oder Bettany erscheinen so gekonnt wie immer, Rebecca Hall darf in einer One-Woman-Show glänzen. Doch scheint Pfister hier Probleme zu haben, einen üppigen Cast in ein harmonisches Gesamtbild zu packen. Man sieht dem Film an, dass es sich um ein Regiedebüt handelt.

Zu Themen wie dem technischen Fortschritt und den scheinbar unendlichen Möglichkeiten im Spiel mit der künstlichen Intelligenz bringt Pfister nur wenig Neues zur Party. Zwischenzeitlich hätte man sich von ihm etwas mehr Mut gewünscht, einen Schritt weiter zu gehen als das, was man irgendwie schon woanders gesehen hat. Ob nun die liebesähnliche Beziehung zu einer "Software" a la "Her" oder ein FBI-Agent, der ganz begeistert von der Verfolgung Krimineller in Echtzeit ist, was in gewisser Weise eine Vorstufe zum "Minority Report" darstellt. Nolan hätte das Drehbuch für drei Monate mit in seine Hütte am Strand genommen, es auseinandergenommen und nach seinen Vorstellungen wieder zusammengesetzt. Wally Pfister hat es einfach verfilmt.

Mittwoch, 16. April 2014

[JR Filmkritik 2014] In a World... - Die Macht der Stimme


In a World... - Die Macht der Stimme
7/10

Mit dem Namen Lake Bell dürften wohl nur diejenigen etwas anfangen können, die sich etwas genauer mit der Materie Film und Fernsehen auseinandersetzen. Doch alle anderen haben sie mindestens schon einmal gesehen. Durch unzählige Gastrollen in allen möglichen Serien und Filmen hat sie sich nach und nach einen Namen gemacht. Projekte, in denen sie die Hauptrolle übernahm (wie z.B. die kurzlebige Fernsehserie „Surface“) blieben größtenteils unter dem Radar. Nach ersten Versuchen im Bereich des Kurzfilms wagt sie sich nun mit „In a World“ an ihr erstes abendfüllendes Regiewerk.

Wir kennen sie. Wir schätzen sie. Wir hassen sie. Die Rede ist natürlich von Synchronsprechern. Ob in Werbespots oder Pseudoreality-Formaten. Es braucht nur wenige Worte um festzustellen, ob es Sinn macht dranzubleiben oder direkt umzuschalten. Da die Funktion des Synchronsprechers in der amerikanischen Entertainmentbranche einen etwas höheren Stellenwert hat als in Deutschland, sollte man sich vor der Sichtung darauf einstellen, dass dieser Film in seiner ganz eigenen Welt spielt.

Da wäre direkt zu Beginn des Films die Begegnung mit Fred Melamed, der hier den Vater von Bell spielt, bei dem es sich tatsächlich um eine Legende dieses Branchenzweigs handelt. Porträtiert wird die alltägliche Arbeit in den Tonstudios, der Konkurrenzkampf innerhalb eines überschaubaren Kollegiums.

Lake Bell liefert lustige Dialoge, verpackt in einer netten Story. Verschrobene Charaktere, die alle engstirnig ihre eigenen Ziele verfolgen, bis alles am Ende zu einem großen Ganzen zusammenläuft. Ab und an werden keine klaren Grenzen gezogen. Es kommt die Frage auf, was manche Charaktere eigentlich wollen, worum es ihnen wirklich geht. Doch der geringste Zweifel wird durch den frischen und natürlichen Charme des Augenblicks zunichtegemacht.

„In a World... - Die Macht der Stimme“ ist seit dem 14. April 2014 auf DVD und Blu-Ray erhältlich.

Freitag, 4. April 2014

[JR Filmkritik 2014] Auge um Auge - Out of the Furnace

Auge um Auge
9/10


Scott Cooper dürfte über kurz oder lang einer jener starken Regisseure werden, der für seine Arbeit nie die Anerkennung bekommen wird, die er verdient. Nach dem beeindruckenden Countrymusik-Roadmovie „Crazy Heart“, mit dem er immerhin Jeff Bridges einen Oscar bescherte, entführt uns Cooper in dem unzutreffend im Deutschen betitelten „Auge um Auge“ erneut in eine Welt, die nur selten durch Schönheit auffällt.

In „Out of the Furnace“ geht er sogar noch ein Stück weiter und präsentiert uns Figuren, deren einzige Motivation ein wildes Potpourri aus Rache, Hass, Gier und fehlender Menschlichkeit zu sein scheint. Hauptfigur Russell Baze (Christian Bale) ist ein aufrichtiger Mann, der mit allen Mitteln versucht, ein anständiges Leben zu führen, in einem Milieu, in dem das Gegenteil normal ist. Nach einem persönlichen Unglück, welches sein ganzes Leben auf den Kopf stellt, und Schwierigkeiten, in die sein Bruder (Casey Affleck) hineingerät, gibt er den Versuch auf, ein Gutmensch zu sein und lässt sich von jenen Motiven wie Rache und Hass treiben.

Was den Film reizvoll macht, ist die wahre Achterbahnfahrt der Emotionen, die nicht nur die Akteure erleben. Cooper spielt geschickt mit den Blickwinkeln. Mal gibt er uns den Vorzug im Informationsfluss und lässt die Darsteller unwissend, dann befinden wir uns wieder auf gleicher Augenhöhe und können selbst nur rätseln, was in den kommenden Minuten passieren wird.

„Out of the Furnace“ ist in weiten Teilen intensiver als sein Vorgänger „Crazy Heart“. Cooper gelingt es, aus einem fabelhaften Cast das Maximum an Kraft herauszuholen und versucht in keiner Sekunde, irgendetwas zu beschönigen. Für sein nächstes Projekt konnte er Johnny Depp gewinnen. Man würde es ihm wünschen, dass dann auch seiner Person etwas mehr aufmerksam geschenkt wird.

"Auge um Auge" läuft seit dem 03. April 2014 im Kino.